Biogasanlage: Schwarzer Koppelweg

  • Veröffentlicht am: 3. Juli 2011 - 15:34

Elke Thielmann-Dittert nimmt Stellung zur Entscheidung des Stadtrates vom 30.06.2011

http://www.thielmann-dittert.de/Aktuelles-aus-Springe/01.07.:-Biogasanla... [s.a. Homepage von Elke Thielmann-Dittert]

Biogasanlage "Schwarzer Koppelweg"

Am 30. Juni 2011 hat sich der Rat mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, dass am Schwarzen Koppelweg östlich von Springe eine Biogasanlage gebaut werden darf. Ich habe mich gegen diesen Standort ausgesprochen - anders als bisher - und möchte an dieser Stelle meine Meinungsänderung noch einmal begründen.

Nach der letzten Bauausschusssitzung am 7. Juni hatte ich Gelegenheit, noch einmal mit Bürgern und Vertretern des NABU und des BUND über das Thema zu sprechen. In diesen Gesprächen sind mir erhebliche Zweifel gekommen, ob das, was nun in der Ratssitzung festgesetzt worden ist, tatsächlich eine weise Entscheidung ist. Es geht nicht darum, die Biogasproduktion grundsätzlich abzulehnen, auch wenn die Entwicklung aufmerksam beobachtet werden muss. Und auch die Argumente gegen den Standort am Schwarzen Koppelweg sind ausführlich diskutiert worden. Zu meinem Sinneswandel haben im Grunde viele kleine Einzelbausteine geführt, weil sie zusammen genommen die Entscheidung für diesen Standort problematisch machen:

Interessenabwägung

Ein öffentliches Interesse an einer Biogasanlage an diesem Standort besteht eindeutig nicht. Die Entscheidung ist gefallen nach einer Abwägung rein privater Interessen. Und zwar der Interessen privater Betreiber gegen die Interessen privater Erholungssuchender und Naturverbundener. Es gibt keinen Grund dafür, die Interessen der Einen schwerer zu wiegen als die Interessen der Anderen.

Größe der Anlage

Bei der Standortwahl wurde über die Größenordnung der Anlage nicht gesprochen. Biogasanlagen dieser Größe sind Industrieanlagen und gehören nicht in die freie Landschaft sondern in ein Gewerbegebiet.

Bürgerbeteiligung

In allen Gremien wurde vor der Beschlussfassung darauf hingewiesen, dass die Bürger ihre Anregungen und Bedenken ja noch vortragen könnten. Dass aber mit der frühen Entscheidung für einen bestimmten Standort nur noch ein wenig Kosmetik betrieben werden kann, ist mir jedenfalls erst jetzt aufgegangen. Richtig wäre gewesen, die Bürger und Verbände in die Standortdiskussion mit einzubeziehen, um keine vorschnellen Entscheidungen zu treffen. Das sieht aber die Gesetzeslage so nicht vor.

Wärmeabnahme

Bei der ersten Vorstellung des Projektes war die Rede von einer weitgehenden Wärmeabnahme durch die Gesundheitsbetriebe im Süden der Stadt. Das hatte bei der Standortentscheidung eine wesentliche Bedeutung. Spätestens seit der letzten Bauausschuss-sitzung ist klar, dass nur ein geringer Teil der produzierten Wärme hier wird abgeliefert werden können. Die weitere Entwicklung ist noch gar nicht entschieden.

Biomasse-Anlieferung

Als im Herbst die Änderung des Flächennutzungsplanes angescho- ben wurde, war die Rede davon, dass 60 % der Biomasse von Flä- chen außerhalb Springes angeliefert werden sollen. Heute ist die Rede von 85 %, die über 30 bis 40 km (hin und rück) angefahren werden sollen. Das lässt keine passable Ökobilanz erwarten!

Viele der ursprünglichen Rahmenbedingungen sind also nicht mehr gegeben, es gibt aber im Grunde keine Möglichkeit mehr, das Ver- fahren in eine andere Richtung zu steuern. Mit der Standortent- scheidung sind für die Investoren erhebliche Kosten für Planung und Gutachten entstanden, die sie vermutlich bei einer Änderung von der Stadt zurückfordern würden.

Seit dieser Erkenntnis plagt mich mein Gewissen, weil ich mich im Grunde zu spät und zu wenig intensiv mit den Unterlagen befasst habe. Als Konsequenz hatte ich in der letzten Woche im Verwal- tungsausschuss vorgeschlagen, den Feststellungsbeschluss für den Flächennutzungsplan zumindest so lange aufzuschieben, bis vertrag- lich genügend Wärmeabnehmer zur Verfügung stünden. So wären wenigstens nicht vorschnell Fakten geschaffen worden. Dieser Vor- schlag wurde aber abgelehnt.

Stattdessen wurde mir vielmehr Wahltaktik vorgeworfen. Dazu kann ich nur sagen: Wahltaktik wäre gewesen, Klappe halten, mit der Mehrheit stimmen und aussitzen. Das aber ist mein Ding nicht, und ich denke, dass es jederzeit möglich sein muss, zu anderen Einsichten zu gelangen, wenn es schwer wiegende Gründe dafür gibt!

Um die Entscheidung in der Sache tut es mir Leid. Mir ist aber noch einmal sehr deutlich geworden, dass auch Entscheidungen in der Kommunalpolitik mehr als nur Feierabendpolitik erfordern.

Folgende Konsequenzen sind aus diesem Debakel zu ziehen:

Im Ende 2010 verabschiedeten Klimaschutzaktionspro- gramm ist als eine mögliche Maßnahme ein "Runder Tisch zur Biogasnutzung" (Reg 10, S. 66) vorgeschlagen worden. Dieser soll die Interessen der Landwirte, Betreiber, Energie- versorger und Wärmenutzer koordinieren. Dieser Runde Tisch ist schnellstens ins Leben zu rufen und unbedingt um Vertreter der Naturschutzverbände und der Bürger zu ergänzen.

Als Laien sollten wir uns in Zukunft im Vorfeld solch weit- reichender Entscheidungen mehr Zeit nehmen. Die beauftragten Fachplaner brauchen schließlich für Ihre Erkenntnisse auch mehrere Wochen. Den Ausschussmit- gliedern bleiben in der Regel nur 10 Tage zum Durch-arbeiten.